Seitdem die Digitalisierung in den Alltag der Unternehmen Einzug gehalten hat, stellt sich immer öfter die Frage, ob der klassische Vertragsschluss mittels Unterschrift auf Papier noch zeitgemäß und rechtlich überhaupt noch erforderlich ist. Diese Frage stellt sich in vielen deutschen Unternehmen verstärkt durch die Corona Pandemie aus rein praktischen Gründen. Denn durch die Arbeit im Home-Office wird die Anwesenheit zeichnungsberechtigter Mitarbeiter im Büro immer seltener. Der digitale Abschluss von Verträgen könnte die Lösung darstellen und viele Vorteile bieten. Dokumente müssen nicht ausgedruckt, unterschrieben und per Post oder E-Mail hin und her geschickt werden. Der Prozess der Vertragsunterzeichnung kann effizient abgewickelt werden – und zwar auch dann, wenn sich die unterzeichnenden Personen nicht am gleichen Ort aufhalten. Das gilt sowohl, wenn in einem Betrieb Verträge aufgrund des „4-Augen-Prinzips“ von zwei Personen unterzeichnet werden müssen, als auch wenn aufgrund der zunehmenden Tätigkeit im Mobile- und Home-Office die gemeinsame Anwesenheit in einem Büro immer weiter zurückgedrängt wird.

Aber ist es überhaupt erforderlich, bei Abschluss von Verträgen im Unternehmen eine bestimmte Form zu wahren? Und falls ja, kann ein digitaler Vertragsschluss diese Form überhaupt rechtlich wirksam ersetzen und was wäre hierbei zu beachten? Mit diesen Fragen befasst sich dieser Beitrag.

Formerfordernis?

Die wenigsten Verträge, die deutsche Unternehmen üblicherweise abschließen, unterliegen einer gesetzlichen Schriftform. So bedürfen etwa der typische Liefer-, Einkaufs-, oder Lizenzvertrag grundsätzlich keiner gesetzlichen Form. Solche Verträge können also formlos mündlich, schriftlich oder auch konkludent (d.h. durch schlüssiges Handeln, z.B. kommentarlose Entgegennahme der Ware im Tausch gegen Geld) wirksam abgeschlossen werden.

Gleichwohl vereinbaren die Vertragsparteien in einer Vielzahl von Verträgen „freiwillig“ die Schriftform. Dies gilt für individuell verhandelte Verträge gleichermaßen wie für Vertragsmuster und AGB. Denn in den meisten Schlussbestimmungen in Verträgen oder AGB findet sich die Klausel, dass „Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages der Schriftform bedürfen. Dies gilt auch für die Änderung und Aufhebung dieses Schriftformerfordernisses.“  

Nach § 127 BGB gelten die Formvorschriften der §§ 126, § 126a oder § 126b BGB im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft (also vor allem durch Vertrag) vereinbarte Form. Die Schriftform erfordert nach § 126 BGB grundsätzlich die eigenhändige Namensunterschrift.

Digitaler Vertragsabschluss bei vertraglich vereinbarter Schriftform?

Allerdings können Verträge, die der Schriftform entweder aufgrund Gesetzes (§ 126 BGB) oder durch Vereinbarung der Parteien (§ 127 BGB) unterliegen, wirksam digital abgeschlossen werden: Die Schriftform kann gemäß § 126 Abs. 3 BGB nämlich durch die elektronische Form ersetzt werden. Die elektronische Form wird aber nur erfüllt, wenn der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügt und das elektronische Dokument mit einer „qualifizierten elektronischen Signatur“ versieht (§ 126a Abs. 1 BGB).

Was unter einer qualifizierten elektronischen Signatur zu verstehen ist, regelt seit 2016 die eIDAS-Verordnung. Die qualifizierte elektronische Signatur ist die strengste Form der elektronischen Signaturen und muss auf dem Zertifikat (Art. 3 Nr. 15 eIDAS-VO) eines qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters (Artikel 3 Nr. 17 eIDAS-VO; Liste der deutschen Anbieter: https://webgate.ec.europa.eu/tl-browser/#/tl/DE) beruhen und von einer sicheren Signaturerstellungseinheit (Artikel 3 Nr. 23 eIDAS-VO, also geeigneter Software und Hardware) erstellt worden sein.

Neben der qualifizierten elektronischen Signatur kennt die eIDAS-VO noch eine einfache elektronische Signatur gemäß Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO oder eine fortgeschrittene elektronische Signatur gemäß Art. 3 Nr. 11 eIDAS-VO. Die einfache elektronische Signatur wird durch elektronische Daten gewährleistet, die anderen elektronischen Daten beigefügt werden, etwa eine eingescannte Unterschrift oder der Namenszusatz zu einer E-Mail-Adresse im Header der E-Mail. Die Fälschungssicherheit ist gering. Die fortgeschrittene elektronische Signatur ist eine elektronische Signatur, die die Identifizierung des Unterzeichners eindeutig ermöglicht. Eine nachträgliche Veränderung der Datei kann erkannt werden (vgl. Art. 26 eIDAS-VO).

Die einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur können die Schriftform allerdings nicht ersetzen. Formfreie Verträge, bei denen keine Schriftform vereinbart wurde, könnten aber durch eine einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur abgeschlossen werden. 

Nicht möglich ist die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form ferner bei vorausgesetzter notarieller Beurkundung oder wenn die elektronische Form explizit im Gesetz ausgeschlossen ist, z.B. bei Grundstückskaufverträgen (§ 311b Absatz 1 BGB), bei Erbverträgen (§ 2276 Absatz 1 BGB), dem Testament (§ 2247 BGB), der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (§ 623 BGB), Arbeitszeugnissen (§ 630  S. 3 BGB), Bürgschaftserklärungen (§ 766 S. 2 BGB) oder Schuldversprechen (§ 780 S. 2 BGB). Die letzten beiden Ausnahmen gelten jedoch dann nicht, wenn es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt (§ 350 HGB).

Was ist bei der Auswahl der Signierungssoftware zu beachten?

Sollen Vertragsabschlüsse durch die Nutzung elektronischer Signaturen effizienter gestaltet werden, sollte zunächst geprüft werden, welche Kategorie der elektronischen Signatur überhaupt benötigt wird. Sollen überwiegend Verträge abgeschlossen werden, die z.B. der gesetzlichen Schriftform (§ 126 BGB) unterliegen, oder die die vertragliche Schriftform vorsehen (§ 127 BGB), ist im Zweifel die strenge „qualifizierte elektronische Signatur“ erforderlich.

Hier kommt der Einsatz einer Signierungssoftware in Betracht. Auch wenn Anbieter damit werben, dass sie die Voraussetzungen einer qualifizierten elektronischen Signatur erfüllen können (vgl. z.B. https://www.docusign.de/wie-es-funktioniert/elektronische-signatur/digitale-signatur), sollte stets geprüft werden, ob die Signierungssoftware in der konkreten Anwendung die strengen Anforderungen an die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt. Andernfalls droht die Unwirksamkeit des Vertrags, oder, im Falle des § 550 BGB ein unbefristeter statt befristeter Mietvertrag.

Fazit

Die eigenhändige Unterschrift kann digital ersetzt werden. Wenn der Vertrag der Schriftform unterliegt, ist eine qualifizierte elektronische Unterschrift erforderlich. Diese kann mit einer entsprechenden Signierungssoftware erstellt werden. Unterliegt der Vertrag keiner Schriftform, genügt grundsätzlich die einfache oder die fortgeschrittene elektronische Signatur.