Videoüberwachung ist eine technisch ausgereifte und kostengünstige Möglichkeit, unter anderem zur Sicherung von Eigentum und zur Überwachung von Verkaufs-, Produktions- und anderen Räumen. Häufig werden beim Einsatz von Videoüberwachungsanlagen jedoch (datenschutz)rechtliche Risiken außer Betracht gelassen. Dies kann schnell zu einem Compliance-Bumerang werden. Der Beitrag gibt einen Überblick zu den rechtlichen Anforderungen an die Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen.
1. Videoüberwachung im öffentlichen Bereich
Die Voraussetzungen der Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen sind in § 6 b BDSG geregelt. Die Videoüberwachung ist hier zulässig, wenn
„sie
1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass Schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.“
Anwendungsbereich eröffnet?
Der Anwendungsbereich von § 6 b BDSG ist – unabhängig vom Zweck der Videoüberwachung – eröffnet, wenn die Räume nach dem Willen des Berechtigten öffentlich zugänglich sind. Ein klassischer Anwendungsfall von § 6 b Absatz 1 Nummer 2 bzw. 3 BDSG ist die Überwachung von Verkaufsräumen zum Schutz vor Diebstählen und anderen gegen den Ladeninhaber gerichteten Delikten. Die Überwachung ist zulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, Dritte könnten in diesen Räumen Straftaten gegen den Geschäftsinhaber verüben.
Auch die Überwachung von Beschäftigten in Räumen, die für den Publikumsverkehr zugänglich sind fällt in den Anwendungsbereich von § 6 b BDSG. Bei der Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen ist jedoch die Wertung des § 32 Absatz 1 BDSG zu berücksichtigen. Soweit Beschäftigte im Rahmen ihrer Tätigkeit öffentlich zugängliche Bereiche betreten, ist dies bei der Konzeption der Videoüberwachung zu berücksichtigen: Bereiche, die nur oder überwiegend von Beschäftigten genutzt werden (z.B. Kassenarbeitsplätze) sollen möglichst nicht von der Videoüberwachung erfasst werden.
Zweck der Videoüberwachung festlegen
Soweit der Zweck der Videoüberwachung darin besteht, sogenannte Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen oder Gefahren abzuwehren, ist regelmäßig erforderlich, dass die Videoanlage auch tatsächlich zur Überwachung im Wege des Monitorings eingesetzt wird und sichergestellt ist, dass Gefahren entdeckt und zeitnah abgestellt werden. Soweit die Videoüberwachung etwa dazu dient das Blockieren von Notausgängen zu verhindern, muss sichergestellt sein, dass Personal die Videoüberwachung auch tatsächlich zu diesem Zweck einsetzt und gegebenenfalls veranlasst, dass entdeckte Hindernisse bei den Notausgängen entfernt werden. Ob zusätzlich zum Monitoring auch eine Aufzeichnung zulässig ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Soweit ein berechtigtes Interesse der verantwortlichen Stelle, etwa an der Beweissicherung besteht, kann dies im Einzelfall die Aufzeichnung rechtfertigen.
Bei der Konzeption von Videoüberwachungsanlagen sind neben diesen Interessen der verantwortlichen Stelle auch die erkennbar entgegenstehenden Interessen der Betroffenen zu berücksichtigen. Die hierfür erforderliche Abwägung birgt für die verantwortliche Stelle stets das „Restrisiko“ einer abweichenden Bewertung durch die Aufsichtsbehörden im Fall einer Kontrolle. Wichtig ist daher der Aufsichtsbehörde nachvollziehbar darlegen zu können, warum man die Konzeption der Videoüberwachungsanlage insgesamt und der einzelnen Kameras für zulässig erachtet.
Hierbei sollte zum Ausdruck kommen, warum die Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts oder anderer Berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und die Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Es empfiehlt sich nach der Intensität der Überwachung zu differenzieren: eine kurzfristige Erfassung der Betroffenen mit einer Monitoring-Kamera ist danach eher zulässig als eine Dauerüberwachung mit einer kombinierten Aufzeichnungs- und Monitoring-Kamera.
Schutz der informationellen Selbstbestimmung und Sphärentheorie
Zudem ist die Tiefe des Eindringens in den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Betroffenen nach der sogenannten Sphärentheorie zu berücksichtigen. Besonders schutzwürdig ist hiernach die Intimsphäre – hier ist eine Videoüberwachung grundsätzlich unzulässig. Dies gilt etwa für Aufzeichnungen in und vor Toiletten- oder Umkleideräumen. Auch die Privatsphäre ist besonders geschützt. Dem Bereich der Privatsphäre zuzurechnen sind etwa Lounge- oder Restaurant Bereiche in Einkaufszentren die dem „Rückzug in der Öffentlichkeit dienen“. Videoüberwachung in diesem Bereich ist regelmäßig unzulässig. Auch hier sollte Videoüberwachung allenfalls in sehr begrenzten Ausnahmefällen erfolgen.
Dem Bereich der Sozialsphäre sind insbesondere öffentliche Verkehrsflächen aber auch Verkaufsflächen zuzuordnen. Auch für die Videoüberwachung in diesen Bereichen ist eine Interessensabwägung erforderlich. Die Videoüberwachung kann hier aber in vielen Fällen rechtskonform gestaltet werden.
2. Videoüberwachung im nichtöffentlichen Bereich
Für die Videoüberwachung in nicht nicht-öffentlich zugänglichen Räumen gibt es keine speziellen Regelungen im BDSG. Soweit mit Videoüberwachungsanlagen personenbezogene Daten erhoben werden, finden daher die allgemeinen datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände Anwendung.
Keine Leistungskontrolle der Beschäftigten
Soweit die Videoüberwachung einem beschäftigungsvertraglichen Zweck dienen soll, ist sie gemäß § 32 Absatz 1 Satz 1 BDSG zulässig, wenn sie hierfür erforderlich ist. Diese scheinbar weiten Tatbestandsvoraussetzungen werden vom Bundesarbeitsgericht jedoch restriktiv verstanden und so ist insbesondere eine Videoüberwachung zur Kontrolle des Leistungs- und Ordnungsverhaltens der Beschäftigten grundsätzlich unzulässig.
Aufdeckung von Straftaten
Gemäß § 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG ist eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten durch Beschäftigte zulässig, wenn hierfür zu dokumentierende Anhaltspunkte einen entsprechenden Verdacht begründen. Sowohl die offene als auch die verdeckte Videoüberwachung von Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten sollte nur in begründetet Ausnahmefällen und nach sorgfältiger Einzelfallprüfung erfolgen. So ist für eine heimliche Videoüberwachung von Beschäftigten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderlich, dass der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht und weniger einschneidende Maßnahmen nicht bestehen. § 32 Absatz 1 Satz 3 BDSG verlangt zudem eine Dokumentation der Anhaltspunkte für den Verdacht.
Soweit Videoüberwachungsanlagen in nicht-öffentlichen Bereichen personenbezogene Daten erheben oder verarbeiten, ist dies gemäß § 28 Absatz 1 Satz 1 BDSG zulässig, wenn es zur Durchführung eines Vertrages mit dem Betroffenen erforderlich ist oder die verantwortliche Stelle berechtigte Interessen hieran hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse der Betroffenen überwiegt.
Die hierfür erforderliche Interessenabwägung sollte wie oben dargestellt die Intensität der Videoüberwachung und die Tiefe des Eindringens in den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Betroffenen berücksichtigen.
3. Vorabkontrolle und Verfahrensverzeichnis
Neben den Tatbestandsvoraussetzungen nach § 6 b BDSG oder anderer Erlaubnistatbestände knüpfen sich an den Betrieb von Videoüberwachungsanlagen eine Reihe weiterer Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen. So ist die Verarbeitung personenbezogener Daten mit einer Videoüberwachungsanlage ein Verfahren das „besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen aufweist…“ (§ 4 d Absatz 5 BDSG). Der Datenschutzbeauftragte der verantwortlichen Stelle muss daher vor der Inbetriebnahme der Videoüberwachungsanlage hinzugezogen werden und eine Vorabkontrolle durchführen.
Soweit die verantwortliche Stelle keinen Datenschutzbeauftragten hat, löst der Betrieb einer Videoüberwachungsanlage die Pflicht aus, diesen zu bestellen (§ 4 f Absatz 1 Satz 3 BDSG). Die Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten besteht für Unternehmen, die 10 oder mehr Beschäftigte „ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftig[en]“ (also wenn 10 oder mehr Beschäftigte einen PC-Arbeitsplatz haben) oder wenn das Unternehmen vorabkontrollpflichtige Verfahren zur Verarbeitung personenbezogener Daten einsetzt.
Wie für jedes Verfahren zur Verarbeitung personenbezogener Daten ist auch für die Videoüberwachung eine interne Verfahrensübersicht und ein sogenanntes Jedermann-Verzeichnis zu führen.
4. Fazit
Videoüberwachungsanlagen können ein wichtiger Baustein in Sicherheitskonzepten sein. Vor dem Einsatz sollten Unternehmen jedoch sorgfältig prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen zu deren Einsatz erfüllt sind; insbesondere ob der verfolgte Zweck datenschutzrechtlich zulässig ist und die Interessen der Betroffenen das Interesse am Betrieb der Videoüberwachungsanlage nicht überwiegen. Formal erfordert der Einsatz einer Videoüberwachungsanlage eine Vorabkontrolle durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten und die Erstellung der interne Verfahrensübersicht und des Jedermann-Verzeichnisses.