„Wir machen auch Hausbesuche – Ihre Steuerfahndung!“ – so haben Steuerfahnder ihre Tätigkeit auf Kugelschreibern und Kaffeetassen beworben. Was durch einen unbeteiligten Leser als belustigend aufgenommen wird, kann für den Betroffenen einer Durchsuchung bittere Realität werden. Von Wohnungs- und Unternehmensdurchsuchungen („dawn raid“) kann jeder unvermittelt betroffen sein: sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen.
Umso wichtiger ist es, dass speziell Unternehmen auf eine Durchsuchung ihrer Räumlichkeiten vorbereitet sind und zuvor organisatorische Maßnahmen getroffen haben. So sollten etwa Kommunikationswege geregelt und ein Ansprechpartner für die Ermittlungsbehörden bestimmt sein (oft ist dies ein Mitarbeiter aus der Rechts- oder Compliance-Abteilung des Unternehmens).
Die Beamten haben an dem Tag der Durchsuchung den Vorteil des Überraschungseffekts auf ihrer Seite und nutzen dies teilweise gezielt aus, um mit den Betroffenen „ins Gespräch zu kommen“. Betroffene neigen in dieser Situation dazu, sich unbedacht selbst zu belasten – dies gilt es zu vermeiden! Es hat sich in der Praxis als hilfreich erwiesen, wenn das Unternehmen umgehend einen Strafverteidiger bzw. einen Unternehmensverteidiger konsultiert, der sich unverzüglich zum Durchsuchungsort begibt. Dort kann er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des betroffenen Unternehmens unterstützen und die Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden übernehmen. Hierdurch lässt sich eine potentielle Überforderung der auf Seiten des Unternehmens involvierten Personen lindern und folgenreiche Fehler in diesem frühen Stadium des Verfahrens vermeiden.
Unternehmensdurchsuchungen werden typischerweise zu Beginn der üblichen Geschäftszeiten durchgeführt. Unternehmen können sich in der Praxis sodann einer Übermacht von Durchsuchungspersonen von verschiedenen Behörden ausgesetzt sehen: neben der Staatsanwaltschaft sind die Polizei – und je nach Vorwurf – die Steuerfahndung und/oder Beamte von Datenschutzbehörden oder Bußgeldbehörden wie dem Bundeskartellamt an der Durchsuchung beteiligt.
Die Durchsuchung dient zumeist dem Auffinden von Beweismitteln. Zu Beginn der Maßnahme wird der Ermittlungsführer der Polizei oder der Staatsanwaltschaft einem Unternehmensvertreter einen Durchsuchungsbeschluss aushändigen. Aus diesem ergibt sich der Vorwurf, weshalb durchsucht wird, sowie die Beweismittel, die von den Ermittlungsbehörden gesucht werden.
Es hat sich bewährt, mit den Ermittlungsbehörden kooperativ zusammenzuarbeiten. Dies bedeutet, dass eine verbindliche und freundliche Atmosphäre geschaffen werden kann. Die Durchsuchungsmaßnahme wird man im Zeitpunkt ihrer Vollstreckung nicht verhindern können, daher sollte man keineswegs die Ermittlungsmaßnahme behindern – dies hätte nur weitere nachteilige Folgen. Aber: Eine Äußerung zur Sache sollte allenfalls in Anwesenheit des Strafverteidigers bzw. des Unternehmensverteidigers erfolgen. Oftmals schwierig ist, dass die Ermittlungsbehörden große Mengen Datenbestände aus der Unternehmens-IT sicherstellen wollen. Hierfür werden teils die Computer und sonstige Datenträger kurzerhand zur Sichtung von den Behörden mitgenommen, mit der Folge, dass diese für das operative Geschäft nicht mehr zur Verfügung stehen. Um dies zu verhindern, sollte darauf hingewirkt werden, dass die gesuchten Daten in Anwesenheit eines Unternehmensvertreters vor Ort auf externe Datenträger übertragen werden. Auf diese Weise kann das Unternehmen auch im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens auf seine Hardware und die hierauf gespeicherten digitalen Unterlagen zugreifen. Gleiches gilt auch für Papierunterlagen: Sofern diese zur Durchsicht mitgenommen werden sollen, kann häufig erreicht werden, dass von den im Tagesgeschäft aktuell wichtigen Unterlagen Kopien angefertigt werden können.
Eine Durchsuchung ist stets mit Belastungen für die Betroffenen verbunden. In einem Handout finden Sie unsere drei wichtigsten Verhaltenstipps für die Phase während einer Durchsuchung.
Prof. Dr. Lasse Dinter LL.M. (Wirtschaftsstrafrecht) – Strafverteidiger, ehemaliger Staatsanwalt und Strafrichter
RA Dr. Christian Jakob LL.M. – Strafverteidiger