Bitcoins jüngstes Upgrade ist ein technischer Meilenstein. Flexiblere Transaktionen und Smart Contracts werden möglich. Zugleich kann die Kryptowährung nun auf eine weniger transparente Art genutzt werden – ein Gewinn für die Privatsphäre. Doch was bedeutet dies für die staatlichen Regulierungsbestrebungen?

1. Geldwäscheparadies Deutschland

Deutschland gilt als Geldwäscheparadies, als Sehnsuchtsort finanziell beladener Krimineller aus dem In- und Ausland. Als Land, in dem Drogenpaten ihr Geld per Spielautomat waschen können, Gebrauchtwagenhändler bereitwillig auf die Vorlage von Ausweisen verzichten und bisweilen gar Finanzämter Miete an augenscheinlich mafiöse Großgrundbesitzer abführen (ZDF-Reportage). Die Bundesregierung verweist auf eine Studie von 2015, die die Größenordnung auf über 100 Mrd. Euro jährlich schätzt. Geldwäsche und organisierte Kriminalität wären damit jeweils unter den Top 5 der umsatzstärksten Industriezweige.

Bei der Bekämpfung der Geldwäsche tut sich der deutsche Staat schwer. Die EU-Kommission führt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen mangelhafter Maßnahmen. Zuletzt erregten staatsanwaltliche Durchsuchungen beim Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium für Aufsehen, mit denen Versäumnisse des Zolls bei der Verfolgung von Meldungen auf Geldwäscheverdacht, Waffenhandel und Terrorfinanzierung aufgeklärt werden sollten.

Traditionell wird für Geldwäsche das klandestine Bargeld, aber auch das Bankensystem genutzt. Landläufig werden auch Kryptowährungen mit Geldwäsche in Verbindung gebracht. Ihre vermeintliche Attraktivität für unlautere Machenschaften ist zum einen in ihrer Effizienz begründet. Transaktionen in beliebiger Höhe lassen sich einfacher und schneller abwickeln als jede Banküberweisung. Zum anderen finden sie außerhalb des regulierten Bankensystems und damit ggf. weniger nachverfolgbar statt. Doch was ist dran an der Verbindung zwischen Krypto und Geldwäsche?

2. Die Transparenz der Blockchain – für Geldwäsche kaum geeignet

Tatsächlich eignet sich Bitcoin, die älteste und bekannteste Kryptowährung, vergleichsweise schlecht zur Geldwäsche. Sämtliche Transaktionen sind in einer öffentlichen Blockchain für alle Zeiten aufgezeichnet. Einsehbar sind die „Kontonummern“ (Bitcoin-Adressen) und deren Transaktionshistorie, allerdings nicht die Inhaber, die im Besitz der zugehörigen Schlüssel sind und so über die Bitcoins verfügen können. Die Bitcoin-Blockchain ist also pseudonym – ähnlich wie die berühmten Schweizer Nummernkonten, allerdings zusätzlich mit frei zugänglichen Kontoauszügen.

Staatliche Stellen können die Pseudonymität der Blockchain bei Bedarf in vielen Fällen durchbrechen, die Bitcoin-Adressen also ihren Inhabern zuordnen und deren Transaktionen nachvollziehen. Denn die Beschaffung von Bitcoin führt in aller Regel über institutionelle Kryptobörsen. Diese „Torwächter“ führen bei der Registrierung von Neukunden KYC-Prüfungen (Know-Your-Customer) durch anhand von Ausweisdokumenten, Videoident und weiteren Nachweisen. Verbliebene Schlupflöcher werden aufgrund bestehender oder geplanter regulatorischer Vorgaben weltweit geschlossen (ebenso bei Banken).

Ferner speichern die Anbieter die Aktivitäten ihrer Kunden, Ein- und Auszahlungsadressen von Kryptowährungen und die genutzten Bankkonten. Staatliche Stellen wie die deutsche Financial Intelligence Unit greifen bei Geldwäscheverdacht routinemäßig auf diese Informationen zu. Mit der neuen Kryptowertetransferverordnung hat Deutschland die Pflichten der beteiligten Akteure, Verdachtsfälle zu melden, weiter verschärft. Parallel werden „Dienstleister“ verfolgt, die ein Geschäft daraus machen, Bitcoin-Zahlungen zu verschleiern (Europol/bestmixer.io).

Das Geldwäsche-Potenzial von Bitcoin ist daher drastisch geringer als bei Bargeld. Es ist regulatorisch gut beherrschbar. Dies gilt jedenfalls für die Standardanwendung des Bitcoins (für eine ausführliche Darstellung siehe https://en.bitcoin.it/Privacy). Es gibt jedoch auch Kryptowährungen wie Monero oder Zcash, die anders als Bitcoin darauf abzielen, anonyme Zahlungen zu ermöglichen.

3. Mehr Datenschutz durch Bitcoin-Update – Pro und Contra

Bitcoin wird aktiv weiterentwickelt. Ein seit Jahren vorbereitetes Upgrade namens Taproot (Pfahlwurzel) wurde am 14.11.2021 aktiviert, nachdem eine überwältigende Mehrheit der Miner und die Mehrheit der Node-Betreiber ihre Unterstützung für das Upgrade signalisiert haben. Aus technischer Sicht bringt Taproot insbesondere ein neues Kryptografie-Verfahren, die sog. Schnorr-Signaturen (nach Claus Peter Schnorr). Dieses bietet einige Vorteile und wäre womöglich von Anfang an in Bitcoin integriert worden, wenn es nicht bis 2008 durch Patente geschützt gewesen wäre.

Dank der neuen Signaturen und einem cleveren Verfahren namens „Taproot“ (nach dem das Upgrade benannt ist) lassen sich mehrere Transaktionen – hinter denen sich auch Programme in Form von „Smart Contracts“ verbergen können – in eine einzelne Transaktion zusammenfassen. Bitcoin erhält durch die Smart Contracts mehr Anwendungsmöglichkeiten unter anderem im DeFi-Sektor (Decentralized Finance). Der Platzhirsch in diesem Bereich, die Kryptowährung Ethereum, bleibt allerdings programmiertechnisch ungleich mächtiger.

Taproot gilt als Gewinn für den Datenschutz, weil selbst komplexe Smart Contracts mit beliebig vielen Beteiligten und Transaktionen so auf der Blockchain gespeichert werden können, dass sie aussehen wie eine einzelne, gewöhnliche Transaktion. Diese geringere Transparenz schützt die Privatsphäre der jeweiligen Nutzer.

Anders gewendet ist mehr Privatsphäre ein Schritt in Richtung Anonymität. Die Analyse von Zahlungsströmen auf der Blockchain wird damit für behördliche Fahnder erschwert und teilweise unmöglich. Die Kehrseite des individuellen Gewinns an Privatheit sind daher Befürchtungen, dass Bitcoin mit der Aufweichung der bewährten Transparenz stärker in das Visier von Regulierern rückt. Im ungünstigsten Fall könnte die Kryptowährung nach laufenden und geplanten Gesetzen in den USA und der EU, die sich gegen anonyme Kryptowallets richten, illegal werden

4. Fazit

Bitcoin wird weiter eine wichtige Rolle spielen bei der digitalen Transformation des globalen Währungssystems. Zu groß ist der First-Mover-Advantage gegenüber Altcoins, der kompetitive Vorteil eines absolut „harten“ Geldes im Vergleich mit den inflationierenden Fiatwährungen und das daraus resultierende exponentielle Wachstum des Netzwerks.

Zu Recht aber tragen die Staaten quasi „von außen“ Regulierungsanforderungen an Bitcoin-Nutzer heran. Zwar dürfte Geldwäsche nach wie vor weit überwiegend über Bargeld und Banken stattfinden. Doch eine effektive Bekämpfung dieses großen volkswirtschaftlichen Übels darf keine Ausweichmöglichkeiten lassen und muss daher auch digitale Währungen in den Blick nehmen. Taproot macht eine effektive Regulierung von Bitcoin wohl schwieriger. Die Auswirkungen in der Praxis müssen sich noch zeigen.

Ohnehin ist nicht zu befürchten, dass Bitcoin aufgrund des Updates insgesamt illegal wird. Eine solche Maßnahme wäre in jedem Fall unverhältnismäßig. Nach dem juristischen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss das mildeste Mittel gewählt werden, mit dem sich ein Ziel erreichen lässt. Hier kommt dem Bitcoin-Netzwerk seine Rückwärtskompatibilität zugute. Für die mit Taproot möglichen speziellen Transaktionen sind Bitcoin-Adressen in einem neuen Format erforderlich; das alte Adressformat besteht daneben weiter. Damit ist es sehr einfach, gesetzgeberische Maßnahmen auf die Nutzung der Taproot-Adressen zu beschränken und die Verwendung von Bitcoin in seiner bisherigen Form (mit Legacy- und Native-Segwit-Adressen) wie bisher zuzulassen.

Ein Komplett-Verbot von Bitcoin müsste also anders begründet werden als mit Sorgen vor Geldwäsche. Es bleibt abzuwarten, ob und was sich die Politik hier einfallen lässt. Sicher ist, dass Bitcoin es den Staaten schwerer macht, unbegrenzt Geld zu drucken. Das liegt aber leider in ihrer Natur.

Foto von Rasbak / CC BY-SA 3.0