Das Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (VSBG) wurde bereits am 19. Februar 2016 verkündet und trat am 1. April 2016 in Kraft. Seit dem 1. Februar 2017 gelten weitere Informationspflichten nach §§ 36, 37 VSBG, die vielfach übersehen werden. Dieser „Lapsus“ kann unter Umständen teuer werden.
Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die bislang erfolgte Umsetzung in der Praxis zu werfen.
1. Was passiert bei einer Verletzung der Informationspflichten?
Das VSBG selbst sieht keine Rechtsfolgen eines unterlassenen Hinweises vor, sodass bei einem Pflichtverstoß zumindest kein Bußgeld droht. Praxisrelevant sind allerdings potentielle wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch z.B. Mitbewerber. Hierzu sind in den letzten Monaten diverse Gerichtsentscheidungen ergangen. Interessant ist dabei, dass Streitgegenstandswerte von 10 T€ und mehr durchaus als angemessen erachtet werden. Sofern noch nicht erfolgt, empfiehlt sich daher ein Blick auf die nachfolgend skizzierten Anforderungen nach dem VSGB und die damit verbundenen Praxishinweise zu werfen.
2. Welche Informationspflichten treffen mich als Unternehmen?
Die gesetzlichen Reglungen unterscheiden zwischen vorsorglichen Informationspflichten (§ 36 VSBG), also bevor eine Streitigkeit zwischen Unternehmen und Verbraucher entstanden ist, und Informationspflicht bei entstandener Streitigkeit (§ 37 VSBG).
a) Vorsorgliche Informationspflicht
Das VSBG sieht vor, dass Unternehmen grundsätzlich verpflichtet sind, Verbraucher einfach und verständlich zu informieren, ob sie an einem alternativen Streitbeilegungsverfahren teilnehmen.
Diese Informationspflichten treffen grundsätzlich alle Unternehmen, die Verträge mit Verbrauchern schließen und eine Webseite unterhalten und/oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwenden. Die Information, ob das Unternehmen an einem alternativen Streitbeilegungsverfahren teilnimmt und welche konkrete Verbraucherschlichtungsstelle ggf. bei einer Streitigkeit zuständig wäre, ist dem Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich mitzuteilen.
Ausgenommen von dieser allgemeinen Informationspflicht sind nur Kleinunternehmer die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn (10) oder weniger Personen beschäftigt hatten, sofern sie nicht anderweitig zur Streitschlichtung verpflichtet sind. Eine derartige Verpflichtung könnte sich aus der Beteiligung an Wirtschaftsverbänden ergeben, die eine Einräumung der Möglichkeit einer Streitbeilegung obligatorische für ihre Mitglieder vorsehen.
b) Informationspflicht bei entstandener Streitigkeit
Neben dieser allgemeinen Informationspflicht sieht das Gesetz aber auch konkrete Informationspflichten für den Fall vor, dass eine Streitigkeit zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher über einen Verbrauchervertrag bereits entstanden ist und nicht beigelegt werden konnte. Voraussetzung ist, dass die Vergleichsbemühungen endgültig gescheitert sind.
Diese Informationspflichten treffen Unternehmen unabhängig von ihrer Beschäftigtenzahl. Das Unternehmen muss den Verbraucher über seine Teilnahmebereitschaft oder -verpflichtung an dem Schlichtungsverfahren informieren und wiederum konkrete Angaben zur zuständigen Verbraucherstreitbeilegungsstelle machen.
Die Verpflichtung zur Verbraucherinformation nach Entstehen einer Streitigkeit besteht ausweislich der Gesetzesbegründung auch, wenn das Unternehmen die Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren ablehnt. Nach dem Wortlaut des § 37 VSBG ist das Unternehmen in diesem Fall verpflichtet, die Verbraucherschlichtungsstelle zu benennen, die hypothetisch zuständig wäre, wenn es an einem Streitbeilegungsverfahren teilnehmen würde, selbst wenn die Information für den Verbraucher völlig wertlos ist.
3. Praxishinweis
Bei der Umsetzung der vorgenannten Informationspflichten, könnten z.B. folgende Formulierungen verwendet werden:
a) Vorsorgliche Informationspflicht
„Wir nehmen nicht an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teil.“
b) Informationspflicht bei entstandener Streitigkeit
Bei gescheiterten Vergleichsbemühungen sollte die Information per E-Mail – ein mündlicher Hinweis genügt nicht – erfolgen:
„Bei Streitigkeiten mit uns wäre die Streitbeilegungsstelle Online-Schlichter, Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V., Bahnhofsplatz 3, 77694 Kehl, Telefon: 07851 / 991480, E-Mail: mail@online-schlichter.de, www.online-schlichter.de zuständig. Eine Teilnahme an dem Streitbeilegungsverfahren lehnen wir allerdings ab.“
Eine Liste der offiziell anerkannten Schlichtungsstellen ist zum Beispiel hier zu finden.
4. Wo sind die Hinweise zu veröffentlichen?
a) Vorsorgliche Informationspflicht
Neben einer Verlinkung auf die sog. ODR-Plattform, die sinnvollerweise im Impressum jeder Webseite steht, ist der Hinweis auf die Verbrauchschlichtungsstellen in den auf der Webseite veröffentlichen AGB aufzunehmen.
Werden keine AGB veröffentlicht, etwa weil ein Vertragsschluss nicht über die Webseite direkt erfolgen kann und soll, ist eine andere geeignete Stelle zu suchen. Sinnvoller Weise könnte etwa das Impressum ergänzt werden, sodass neben der Verlinkung auf die ODR-Plattform sich der Hinweis auf die Informationspflichten nach dem VSBG zusammenhängend an einer Stelle wiederfinden.
b) Informationspflicht bei entstandener Streitigkeit
Sofern ein Beschwerdemanagement etabliert ist, könnte der Hinweis ab der entsprechenden Eskalationsstufe standardisiert z.B. in die E-Mail-Signatur aufgenommen werden.
5. Fazit
Ob eine neutrale Schlichtungsstelle eine gerichtliche Auseinandersetzung verhindern kann und vor allem der Kundenzufriedenheit dient, mag vom Einzelfall abhängen. Eine professionelle eigene Beschwerdestelle des Unternehmens dürfte nach unserer Auffassung jedenfalls vergleichbare Ziele effizienter erreichen und vielleicht sogar langfristig zur Kundenbindung beitragen.
Ungeachtet einer Teilnahme sollten Unternehmen jedenfalls die vorgenannten Aspekte beachten und umsetzen, um etwaige Abmahnungen zu vermeiden.